"Sätze von vollendeter akademischer Unwegsamkeit"


"Syriza ist eine antikapitalistische Koalition, die sich der Machtfrage durch die Hervorhebung der Dialektik von Wahlbündnissen und Erfolg an den Wahlurnen mit dem Kampf und Mobilisierungen von unten stellt."

Achtung, es geht jetzt ausdrücklich NICHT um Politik! Sondern nur um die Diagnose 'vollendeter akademischer Unwegsamkeit' (M. Martens, FAS v. 26.04.15, 10) und den Beispielsatz von einem Herrn Kouvelakis.

 

Könnte es nicht sein, dass der Befund zu milde ist? Dass hier vielleicht gar keine Unwegsamkeit vorliegt? Und also schon gar keine vollendete? (Außer natürlich 'vollendete Unwegsamkeit' ist gleichbedeutend mit 'vollständigem Chaos', d. h. 'Nichts'.) Und zwar deswegen, weil in dem Satz einfach gar nichts drinsteht, er mithin bloßes Geräusch bzw. gedrucktes Ornament ist?

 

Ohne großartige Analyse fällt die Ballung von Ausdrücken auf, die niemand einfach so und in diesem Zusammenhang gebrauchen und verstehen würde. Vermutlich deswegen wird hier Akademismus konstatiert. Klar benutzen Wissenschaftler wie jeder andere Handwerker oder sonstwie Tätige auch untereinander ihre Fachsprachen, und normalerweise sollten diese so organisiert sein, dass ihre Benutzer sich auch untereinander verstehen, wenn sie sie gebrauchen. Ob das immer oder wenigstens zumeist oder oft oder gelegentlich der Fall sein mag, bleibt dahingestellt; - was z. B. "Dialektik" bzw. "dialektisch" nach Platon und Aristoteles und außerhalb der Logik und Rhetorik heißen oder gar sein mag, weiß eigentlich kein Mensch. Oder - wenn er Hegelianer oder ein Derivat davon, etwa Marxist, ist - weiß er es zwar, kann es aber nicht erklären, oder er darf es nicht. Das ist ja bei Eingeweihten in die Mysterien eines Kultes oft so.

 

Nur, beschleicht einem beim Lesen des Beispielsatzes nicht der Verdacht, dass die verwendeten Ausdrücke gar keine Fachbegriffe sind, sondern vielleicht doch eher Chiffren für Unklarheiten? Dass man es hier also mit sprachlichem Bombast ohne feststellbare und also mit ganz beliebiger Bedeutung zu tun hat? Dass deswegen der einzige Unterschied der gebrauchten Ausdrücke von solchen wie "Abrakadabra" oder "örblblörb" der ist, dass man die einen im Wörterbuch findet und die anderen nicht?

 

Wie dem auch sei, diesen Verdacht zu bestätigen oder zu widerlegen, ist der Beispielsatz inhaltlich ohnehin zu langweilig. Was allerdings wirklich beunruhigend oder wahlweise erheiternd wirkt, ist die Selbstverständlichkeit, mit der man solche Wortgebilde sofort mit dem akademischen Bereich verbindet. Und wirklich blöd oder wahlweise lustig ist, dass einem diese Verbindung auch sofort einleuchtet. Warum bloß?