Bobbolismius ...

- oder: Gesellschaftspalten leicht gemacht für jedermann !

!!! Die Entität kehrt zurück !!! (ab jetzt mindestens einmal die Woche....echt!...)

"Das ist nicht tot, was ewig liegt...", gell?

Entitäten schweigen nicht ohne Grund. Diese auch nicht. Meistens schweigen sie aus Trägheit, allgemeinem Weltekel oder Sinnlosigkeitsverdächten oder einer Mischung aus alldem; nie aber, wirklich nie wegen Ideenlosigkeit. Oder sie schweigen aufgrund von Schwüren und Eiden. So einen, wie diese Entität getan hat, nämlich den, hier niemals etwas über Politik hinzuschreiben. Weil sonst Meinungs-, Journalismus-,


Flotte-Schreiben-, Erdenschweren- oder überhaupt allerlei Blödheits- und Geifergefahr. Dann schweigt man halt, wenn einem bloß was zu sowas einfällt -- oder halt längere Zeit mehr oder weniger zwangsweise zu interessieren hatte. Und dann ist diese Zeit wieder herum, und es muß wieder heraus, das Zwangsinteresse. Zack! Aber so, daß es nicht um das geht, was gemeinhin unter richtiger, echter Politik verstanden wird, also in erster Linie Parteien und in Sonderheit Personen. Folglich: Parteien & Personen weglassen! Sache formal darlegen! Öd vielleicht, aber nicht eidbrüchig.

Der Bobbolismius und das Pfolkk

Und was aus Gründen seelischer Hygiene herausmuß, weil man es schon gar nicht mehr hören mag und es einen zum Wahnsinn treibt, ist der Bobbolismius. Aus allen Richtungen dringt, ja stürmt er auf einen ein oder wird zumindest auf einen eingestürmt, daß es nur so scheppert. Überall lauert er, lurt gar, und trotzdem scheint keiner recht zu wissen, was er ist, der Bobbolismius. Nur abscheulich schlimm, das ist er gewiß. (Stimmt eigentlich auch soweit.) Sonst streiten die Gelehrten. Gut, daß die Entität kein richtiger solcher und jedenfalls garantiert kein zuständiger ist, kein Politolog', Psycholog', Soziolog', Pädagog' - weder für's Pfolkk noch die Schule. Kann sie also einfach einmal naiv drauflosbestimmen, quakenderweise langweilige Gedanken ausscheiden und sich wieder angenehmeren zuwenden, ganz egal, ob die Lösung stimmt oder gar zum Denken anregt oder Massivblödsinn wird. Fragen wir also ganz unwissenschaftlich: Was ist der Bobbolismius?

Zunächst einmal: Ein Fremdwort. Zusammengesetzt bzw. abgeleitet aus dem lateinischen Wort "bobbolus" (vulgo: "populus") und dem Suffix "-ismus". "Bobbolus" nun heißt "Pfolkk", und der Ismus dahinter legt nahe, daß es beim Bobbolismius darauf ankommt, daß alles immer auf's Pfolkk ankommt, das Pfolkk also so etwas wie das oberste Prinzip des Handelns und Denkens sein soll -- was immer das auch nun wieder heißen mag. Soweit, so öd. Ebenso öd, aber klar: Um verstehen, wissen oder ahnen zu wollen, was denn Bobbolismius überhaupt ist, muß man zuerst verstehen, was eigentlich "Pfolkk" heißen soll. Das ist jetzt aber schwieriger, als man denkt, und ein bißchen seltsam ist es auch. Denn einerseits wird "Pfolkk" auf vielfache Weise ausgesagt (Na?) und andererseits sind viele dieser Bedeutungen erstaunlich unsinnig oder wenigstens zuallermindest ausgesprochen unklar.

Beginnen wir supernaiv und ausgesprochen unprofessionell! Eine völlig unrepräsentative und ganz und gar willkürliche wie zufällige Querfeldeinbefragung bei verschiedensten Gelegenheiten ergab, daß jüngere wie ältere (also nur älter als jüngere, nicht wahr) Leute diversester Bildungs- und Beschäftigungsarten "Pfolkk" mit Sachen wie Kultur, Geschichte, Abstammung, Sprache, Herkunft, Gleichheit in äußeren Merkmalen bzw. Aussehen, Masse, Ethnie usw. usf. verbinden und entsprechend verstehen und gebrauchen. Woher sie das haben mögen, ist wurscht, und es ist ja vielleicht nicht einmal ganz falsch, wenn man sich die Umgangssprache anschaut, die allüberall in Hohen Häusern, Redaktionsgroßraumbüros, Friseursalons, Schulhöfen, Umkleidekabinen und sonstwo gepflegt wird. Komisch ist eher, was auf dieser Liste fehlt: Von Staatsbürgerschaft oder ähnlichem oder auch nur irgendetwas Rechtlichem war nie die Rede.

Das ist deswegen komisch, weil das Pfolkk, um das es im Bobbolismius gehen soll, hierzulande das t'tsche Pfolkk sein dürfte. Und weil Deutschland "scho' au' irgendwie" (J. Löw) hauptsächlich ein Staat ist, wo man die Wohnungen des t'tschn Pfolkks mit den allerbesten Gründen vermuten dürfte, und weil ein Staat nun erst einmal ein rechtliches Gebilde ist, läge es ja nahe, nach dem Pfolkk zuerst im Recht zu suchen. Und vielleicht zuallererst in dem, das sagt, was Deutschland denn so im allgemeinen sein soll. Also praktisch im Grundgesetz.

Dort ist zwar ein paar Mal einem Volk, und zwar dem deutschen, die Rede, aber ganz strenggenommen findet man keine genaue Bestimmung, was das denn sein soll - obwohl es nicht schwierig ist draufzukommen, sofern man den Text denn einmal liest. Aber nicht einmal das braucht man selber zu machen. Das hat nämlich schon das Bundesverfassungsgericht am 31.10.1990 erledigt, wenn es in seiner Entscheidung zum Ausländerwahlrecht (Az BVerfGE 83, 37) klarstellt und bestätigt, was man sich selber schon gedacht hat, nämlich daß das deutsche Volk alle Leute sind, welche die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Bumms. AusdieMaus. Volk = Staatsvolk. Staatsangehörigkeit rechtlich geregelt. Fertig.

Der maßgebliche rechtliche Begriff des Volks enthält also nicht den Hauch eines Teils eines Bruchstücks der oben angefangenen umgangssprachlichen Liste. Volk ist nicht Pfolkk. Hier mag einem bereits deuchen, daß der Bobbolismius eventuell gar nichts mit dem ersterem zu tun haben könnte, sondern halt bloß mit dem Pfolkk. Und so ist es auch.

Denn weil das Grundgesetz eben nichts über das Pfolkk sagt, kann man's außerrechtlich und also auch politisch verstehen, wie man mag. Also umgangssprachlich, und also auch so, als sei das Grundgesetz nie geschrieben, nie durch das Verfassungsgericht verdeutlicht und der Staat, in dem wir gerade ziemlich komfortabel wohnen, nie gegründet worden. Es soll ja Leute geben, die sogar das noch mit der letzten Faser ihres Gesamtorganismus glauben (so wie es immer noch Leute gibt, die glauben, der alte Abendlandsuntergänger O. Spengler sei keine achtklassig schriftstellernde und denkende Funzelunke [Achtung: Richtige Unken sind überaus possierliche und liebenswerte kleine Gesellen!], sondern intellektuell eine gaaaaanz große Nummer gewesen -- Sachen gibt's.).

Aber zurück zur Sache. Will man also den Bobbolismius verstehen, muß man sich mit dem Pfolkk beschäftigen, mithin eher mit dem, was das Gefühl (sehr sensibel! sehr leicht zu verletzen! Obacht!!) bubbelt und gröhlt, als was die Vernunft sagen (oder vielleicht auch nur noch leise wimmern) mag. So einfach ist das nicht. Denn ein Raum beliebiger Bedeutung läßt sich nicht abschreiten, aber vielleicht die zwei, drei naheliegendsten, umgangssprachlichsten Pfölkker halbwegs beschreiben - wobei deren Auswahl wiederum auf einer durchaus zufälligen Informationsbasis (Zeitung, Radio, allgemeines 'rumfragen ... kein Fernsehen) pi mal Daumen erfolgt ist.

Sehr beliebt ist das kulturelle Pfolkk, also dasjenige, welches sich durch eine bzw. "die" sogenannte t'tsche Kultur bestimmen und von anderen unterscheiden läßt. Die Sprache scheidet hier schon einmal aus: Dazu braucht man bloß einmal einen Österreicher, Schweizer, Sorben oder Saterländer fragen. Und auch sonst gilt es hier zu erinnern, daß das sogenannte "Hochdeutsch", auf das sich einige Hannoveraner (besonders die russophilen darunter) so viel einbilden, eigentlich nur irgendein niederdeutscher Dialekt ist und der Rest Zufall. Was die sonstige Kultur - was immer das nun eigentlich sein mag außer Ackerbau plus x - angeht, faszinierte oberwähnte vollständig unrepräsentative Befragung besonders. Als essentiell für t'tsche Kultur angesehen wurden übereinstimmend über alle Horizonte hinweg: Bier (das kam immer), Lederhosen (vermutlich die kürzere, hirschlederne Variante), Bratwurst und - horribile dictu! - Schlagermusik, aber auch Pünktlichkeit (nicht immer). Die Befragung geschah naturgemäß nicht in Bayern, sondern mitten im finsteren Herzen Deutschlands. Kein einziges Mal Erwähnung fanden Goethe, Schiller, Beethoven oder auch sonst irgendeine große, mittlere, kleine oder winzige Geistesgröße, nicht einmal die "Scorpions" (obwohl die immerhin aus Hannover wären). Allerdings wurde ebenso immer zugegeben, daß ebenso dieses ganze Zeug zur Kultur gehören könnte, aber halt nicht müßte, weil - das hört man ja immer -: subjektiv. Jedoch könne man ja alle subjektiven Kulturen zusammenaddieren und erhielte dann einen sogenannten Oberbegriff t'tscher Kultur. Zage Einwände, daß es so ja gar keinen fixen Begriff davon, sondern nur ein stets sich veränderndes dunkles Gewölke und Gewölle dessen gäbe, was den Landesbewohnern (darunter die Staatsbürger, aber nicht nur) gerade so besonders und ein bißchen regelmäßig gefiele, wurden abgewiesen. Das sei dann eben so. Und das stimmt ja irgendwie eigentlich auch. Ist der Begriff der Kultur schon notorisch so wabbelig, daß er (bis auf Ackerbau plus x) sowieso nichts weiter und folglich alles besagt, gilt das noch mehr für den Versuch seiner nationalen Spezifizierung, und auch die wird alles und nichts besagen und letztendlich willkürlich sein. Das muß keineswegs heißen, daß es so etwas wie eine deutsche Kultur nicht geben könne, aber es wird allenfalls halt nur eine, und nicht DIE, sein. Wenn man denn die Leute, die zum t'tschn Pfolkk gehören, durch ihre Kultur von den Leuten unterscheiden will, die dies nicht tun, kann man sich die folglich schlicht heraussuchen. Nämlich dadurch, daß man sich ein paar gängige Versatzstücklein zusammenklaubt, von denen man glaubt, daß sie die Leute ansprechen, die man gern ansprechen möchte (sollten dazu Bildungsbürger oder Bücherregalabstauber gehören sollen, kann man ja in GOttes Namen Goethe, Schiller und Beethoven zum Bier plus x hinzufügen). Und - bummsdi! - schon hat man sich sein t'tsches Pfolkk selber gemacht und kann - sogar zurecht - sagen, daß alle anderen nicht dazugehören (oder russophil-hannoverisches Schwachdeutsch: "da nicht zugehören" - nur so als Beispiel), Staatsbürgerschaft hin oder her. Das kann naturgemäß auch jeder andere sagen, und dann haben halt die recht, die die mehreren und die schwereren sind oder lauter rufen können oder sich in irgendeinem anderen edlen Wettstreit siegreich bewähren. Kurz: Kulturelles Pfolkk untauglich, weil offenkundig beliebig.

Nicht ganz so beliebt oder sich womöglich einer durchaus großen, aber umso stilleren Beliebtheit erfreuend ist das t'tsche Pfolkk, das sich durch Sachen wie Abstammung, Aussehen, Ethnie (wieder der Stamm!) bestimmen soll. Also irgendwie bio, naturwissenschaftlich gar. Das Problem ist freilich, daß die Genetik so etwas wie Pfolkkszugehörigkeit nicht hergibt. Um eine Abstammungslinie, sagen wir, als t'tsch zu bezeichnen, muß man bereits anderweitig - Woher eigentlich? Warum ist das dann nicht willkürlich festgelegt? - herwissen, was t'tsch sein soll, so daß "t'tsch" nicht selber genetisch definiert werden kann. Zirkel halt. Oder man behauptet kühn, es gäbe jetzt und hier (besser aber woanders) verschiedene biologische Arten von Mensch, was natürlich komisch wäre, weil sich eigentlich alle untereinander recht schön fortpflanzen können. Oder man redet gleich wie ein Tierzüchter und legt wert auf Rassereinheit. Aber welche dann wieder welche sein soll, bleibt ohne quantitative Maßstäbe verzweifelt unklar. Und woher soll man die nehmen, wenn man sie sich nicht einfach ausdenkt (von der großblondblauäugigen und insgesamt total wikingermäßigen Statur der Föhrrrerrrähge einmal abgesehen)? Eben. Muß man sich ausdenken. Also: Biologisches Pfolkk falsch und willkürlich.

Richtig anfreunden kann man sich mit der Masse des Pfolkks. Solange sie "da unten" knechtet und brav, ehrlich (ad lib. fortzusetzen, solange es sich um feine Eigenschaften handelt) Steuern zahlt, während "die da oben" egoistisch herumschlawinern und gar nicht denselben Gesetzen unterworfen sind (das meinte tatsächlich eine merkliche Anzahl der unrepräsentativ befragten) wie das bodenständige, einfache Kroppzeug da unten. Die, um dieses Wort des Grauens zu gebrauchen, "Eliten" also gehören nicht zum Pfolkk, und so müßte es einen schon stutzig machen, wieso sie uns dann frohgemut (oder vielleicht auch momentan etwas grämlich) regieren, verwalten und sonstwas dürfen. War da nicht was? Wählt man nicht ständig solche Leute? Klar. Aber - das ist seine einzige nicht so gute Eigenschaft - das Pfolkk, weil ehrlich usw., ist leichtgläubig, keinesfalls jedoch dumm. Und wenn man als grundehrliches Pfolkk leichtgläubig ist, wird man eben leicht belogen. Praktisch Pfolkksrisiko. Und weil das so ist, würde naturgemäß nie jemand, der zum Pfolkk gehört, lügen. Deswegen muß ja auch endlich so jemand ganz nach oben zum Regieren, um es (Was?  Ja freilich lustige Krawatte unter Tweedüberzug.) denen da oben mal so richtig zu zeigen. Zwei, nein: viel mehr Fragen tun sich auf: Kann jemand, der jetzt da oben ist, überhaupt zum Pfolkk da unten gehören? Wie sind die, die da oben sind, da überhaupt hingekommen (Göttliche Fügung? Naturkatastrophe? Außerirdische?)? Muß nicht jemand, der jetzt da oben hinkommt, aufhören, zum Pfolkk zu gehören? Woher weiß ich eigentlich, daß sich einer, der auch da oben sein möchte, sich nicht bloß als Pfolkk verkleidet (lustige Krawatte unter Tweedüberzug) und mich also täuscht, anlügt gar (weil das machen Leute, die eigentlich nicht zum Pfolkk gehören)? Es ist horrend schwierig, schrecklich in sich widersprüchlich im Grunde genommen. Dann kann das mit dem Sozialklassendingspfolkk aber auch nicht stimmen.

Aber das ist dem Bobbolismius wurscht.

Bequem, ein gutes Gefühl und immer total gut drauf: Die Segnungen des Bobbulismius

Weil es reicht, daß sich sein Pfolkk, also das, das sich der Bobbolismius herausgesucht und gemacht hat, wohlfühlt. Dafür tut er alles.

Jetzt, wann fühlt sich das Pfolkk oder jemand, der dazugehören soll, wohl? Blöde Frage: Wenn er/sie/es (das Pfolkk) sich nicht unwohl fühlt. Und wann ist das der Fall? Schwierig. Aber zumindest dann, wenn er/sie/es nicht schuld ist. Ja, woran denn. Na, an allem. Am wenigsten aber bitte daran, daß er/sie/es sich nicht wohl fühlt. Achso. Dann braucht man also immer jemand, der an einem diffusen, irgendwie dawabernden allgemeinen Unwohlsein oder einer latenten Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation schuld ist und auf gar keinen Fall, aber wirklich unter keinen Umständen, mit dem/der, der/die sich so fühlt oder auch nur ohne Reflexivpronomen so fühlt, identisch sein darf. Weil dann hätte er/sie/es ja selber schuld. Und das ist völlig ausgeschlossen. Weil es aber ausgeschlossen ist, daß das Pfolkk je an irgendetwas Ungutem, Unwahren, Unschönen schuld sein könnte, kann der/die Schuldige gar nicht zum Pfolkk gehören.

Schon ründet sich das Kreislein: Deswegen schließt das Pfolkk anhand frei erfundener Kriterien aus (und nicht anhand bestehender und rechtlicher Kriterien ein). Und deshalb braucht der Bobbolismius innerhalb seines Einzugsbereichs immer das exklusive Pfolkk und welche, die nicht dazugehören. Und weil man sich sein Pfolkk so schön leicht erfinden kann, geht auch das ganz leicht: Wenn man sich einen solchen exklusiven Begriff ausdenkt, dann darf immer das nicht dazugehören, von dem man möchte, das es nicht dazugehört. So werden all die, die schuld an irgendwas sein können, immer gleich miterfunden, und das Pfolkk bleibt in seiner Lauterkeit unter sich, hat ein gutes Gefühl und ist immer total gut drauf.

Und so geht Bobbolismius.